Geboren um zu Sterben…
Dieses Mal war unser Ungarnaufenthalt anstrengend! Anstrengend in vielerlei Hinsicht, denn neben den alltäglichen Aufgaben, den etwas erschwerten Wetterbedingungen, der spürbaren Last unserer großen Verantwortung und der Tatsache, dass im Tierschutz Freud und Leid leider sehr eng bei einander liegen, waren unsere Tage überschattet vom Tod!
Viele meiner bisherigen Ungarnberichte erzählen tolle Geschichten von unseren Hunden, viele dieser Berichte haben vielleicht einen gewissen Unterhaltungswert. Dieser Bericht nun soll an Ken, Kevin und Carl erinnern und dazu dienen über ihre wenigen Tage in unserem Leben zu berichten, damit sie nicht auch noch völlig anonym viel zu jung gestorben sind!
Einen Tag vor unserer Anreise nach Ungarn bekam Gabor nachmittags diese drei jungen Racker gebracht. Wieder einmal waren es Welpen für die sich niemand verantwortlich fühlte, die keiner wollte und die nirgendwo einen Platz zum Unterkommen fanden.
Die Drei waren sehr ängstlich und vor allen Dingen sehr beeindruckt von ihrer neuen, hundereichen und recht lauten Umgebung. Da sie, bevor sie ins Tierschutz-Zentrum zogen, bereits anderweitig in Quarantäne waren, ihre ersten Impfungen in den kleinen Körperchen, sowie ihre Entwurmungen erhalten hatten, durften sie zusammen mit unseren bereits vorgestellten Sharpeimix-Jungspunts, untergebracht werden.
Die Vier vorhandenen, waren offen und schienen sich zu freuen. Gabor berichtete uns noch samstags Abends, dass dieses Gehege aktuell das Lauteste sei, da sie sich alle irgendwie gegenüber stünden und sich lautstark unterhielten!:) Das Bellkonzert war MEGA!
Am Sonntagmorgen dann erschrak Gabor sehr, denn bei der allmorgendlichen Runde war nur noch einer der drei Neuen zu sehen. Wo aber waren die anderen beiden? Es war unmöglich, dass sie ausgebrochen waren, denn alles war gut verschlossen und keiner passte durchs Gitter!
Gabor dachte einen Moment den Verstand zu verlieren, bis er die zwei Vermissten endlich entdeckte! Sie lagen eng aneinander gedrückt UNTER ihrem Wassernapf! Sie müssen sich das so vorstellen, dass die beiden wohl die Nacht dazu genutzt hatten, den Sandboden umzugraben um sich direkt unter dem Wassernapf und in gleicher Größe eine Kuhle zu buddeln, in die sie sich dann eng aneinander gedrückt zum Schlafen niederlegten.
Was müssen die beiden sich doch gefürchtet haben…. Zum Glück aber waren sie da und nach dem Anheben des Napfes auch gut drauf und recht lebendig!
Was freuten wir uns nun, auch diese drei Wuschels kennen lernen zu dürfen!
Am Montagmorgen war natürlich unser erster Weg, nach dem Begrüßen der Mitarbeiter, zu genau dieser wilden Bande, und Petra und ich hatten tatsächlich fast durchgängig ein Lächeln auf dem Gesicht! Ken, Kevin und Carl waren im Auslauf sehr ausgelassen, sie tobten und rannten und ließen ihrer Energie freien Lauf. Es war daher tatsächlich ein größeres Unterfangen, diese Wild -Racker zu fassen zu bekommen um den einen oder anderen einmal auf den Arm zu nehmen oder zu versuchen ein schönes Foto zu machen.
Ken nannten wir heimlich unseren Nasenbär durch seine schwarze Maske im Gesicht. Kevin war ein einziges Wollknäul und Carl war einfach nur bezaubernd hübsch!
Am Montagnachmittag ging es Ken dann irgendwann zusehends schlechter. Er wollte nicht mehr spielen, er saß nur noch in einer Ecke und auch fressen oder saufen wollte er nicht mehr. So kam er auf die Krankenstation, rein in die Wärme und ran an eine Infusion! Ken hatte blutigen Durchfall und Erbrechen und sein kleiner Körper war rasch müde und kraftlos. Der hinzugerufene Tierarzt versorgte ihn zusätzlich mit Schmerz- und krampflösenden Mitteln und einer Aufbaupaste!
Am Dienstag fing Kevin an dieselben Anzeichen zu zeigen, und um ja nicht einen Moment zu lange abzuwarten, kam auch er auf die Krankenstation und wurde tiermedizinisch versorgt. So hatten wir nun bereits zwei Patienten die eigentlich eine Rundum-Betreuung benötigten. Zwar schlafen die kraftlosen, kleinen Rüden nun natürlich viel, aber man muss dennoch regelmäßig nachschauen, ob man ihnen Nahrung und Flüssigkeit anbieten kann, man muss x-Mal die Urin-, Kot- und Blut-durchtränkten Laken erneuern, ihnen ihre Medikamente geben und mehrmals täglich die Infusionsflüssigkeit in die kleinen Hundekörper bringen.
Am Mittwochmittag, dem 14. Februar 2018, hörte Kens Herz auf zu schlagen!
Trotz aller Maßnahmen, trotz aller Sorgen war sein kleiner Körper zu schwach und schaffte es nicht mehr sich zu erholen und zu genesen… Sein wahrscheinlich bester Freund, Kevin, lag neben ihm als er starb und ich mag nicht darüber nachdenken, was er womöglich gespürt hat und welche Angst dies in ihm auslösen musste… Kevin kämpfte nun also alleine weiter und wir mit ihm!
Am nächsten Tag, erwischte es Carl! Noch am Tag zuvor rannte er ausgelassen durch den Auslauf und hatte wirklich ein paar Stunden Spaß und Freude, auf dem eigens kreierten Agility Parcour, namens Baumstamm mit viel Schnee überdeckt. Wenige ausgelassene Minuten in einem viel zu kurzen Leben von Kevin und Carl Carl kam also donnerstagmittags auf die Krankenstation, und wir vermuten, Carl spürte wie schlecht es ab jetzt um ihn stand. Er schrie beim Spritzen und Infusion geben als wüsste er, dass es hier um sein Leben ging. Und, glauben Sie mir, dieses hohe, angsterfüllte Schreien werden Petra, Niki und ich wohl nie vergessen…es war fürchterlich ,und wir drei waren froh, als Carl sich irgendwann wieder beruhigte.
Von da an lag er in seiner Box, war ruhig und auch wenn es makaber klingt, er wartete wohl von da an auf seinen Tod.
Den Freitagmorgen begann Gabor mit den Worten: „Kevin geht es sehr schlecht, er wird es wohl auch nicht schaffen“. Nur eine Stunde später ging ich nach ihm schauen und fand ihn tot vor! Sein lebloser Körper lag auf der Seite, seine Augen waren geöffnet und man sah Angst in seinem Blick.
Am Donnerstag, den 16 Februar 2018, hörte Kevins Herz auf zu schlagen!
Vermutlich werde ich auch dieses Bild nicht mehr aus meinem Kopf bekommen, aber ich musste es sehen, Kevin musste sterben….
Carl war nun der letzte Überlebende, und er kämpfte eine leisen Kampf. Er ertrug die Behandlungen nun wehrloser, er versuchte sich fast unsichtbar zu machen, und er lag einfach die meiste Zeit still in seiner großen Box.
Am Freitagabend machten wir uns mit Gabor und ein paar Glücksnasen auf den langen Weg nach Deutschland. Wir ließen Carl in guter Betreuung des Tierschutz-Zentrum Teams zurück, und wir legten all unsere Hoffnung in ihn, den Letzten der Dreierbande!
Am Montagmorgen, den 19.Februar 2018, hörte Carls Herz auf zu schlagen!
Auch er hatte es nicht geschafft und alle Mühe war vergebens. Drei junge, liebe und lustige Hundekinder fanden innerhalb von einer Woche den Tod! Sie alle hatten in ihrem kurzen Leben nur wenige Tage Glück, Spaß, Freude und Menschlichkeit erfahren dürfen.
In diesen Augenblicken waren sie glücklich!
Wir auch!
An allen anderen Tagen mussten sie viel Leid erfahren, Schmerzen bis hin zum Tod! Können Sie verstehen, dass wir manches Mal an unsere Grenzen kommen?
Können Sie nachempfinden wie unerträglich dieses Leiden für unsere Kollegen vor Ort sein muss, die viel häufiger mit Freud und Leid, mit Krankheit und Tod konfrontiert werden, und die dennoch immer und immer weitermachen?
Können Sie nachempfinden, dass wir Tierschutz als unsere Aufgaben sehen, damit es einfach weniger Leid gibt? Durch weitläufige, saubere und flächendeckende Kastrationen z.B. könnte enorm viel Leid verhindert werden!
Und für all diejenigen, die es auf die Welt geschafft haben, werden wir uns weiter einsetzen und wir hoffen hierbei auf Ihre Hilfe!
In Erinnerung ein kleines Video:
Tierschutz ist etwas Globales und eigentlich sollte es völlig egal sein wofür wir gerade explizit aufrufen, da wir immer am Limit sind, da wir immer am Verbessern und Optimieren sind.
Bitte unterstützen Sie uns doch einfach mit Ihren Möglichkeiten, damit wir denen helfen können die zumindest eine Chance haben sollten.
Danke!
Anke für das Tierschutz-Zentrum